Rund 1.100 Beschäftigte an fünf landeseigenen Berliner Bühnen blicken derzeit mit Sorge auf die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Eine Umstrukturierung steht im Raum. Betroffen sind das Deutsche Theater, die Volksbühne, das Maxim-Gorki-Theater, das Theater an der Parkaue und das Konzerthaus. Der Berliner Senat prüft laut einer internen E-Mail von Kulturstaatssekretärin Sarah Wedl-Wilson verschiedene Modelle zur Neuausrichtung.
Inhaltsverzeichnis:
- Die Zusammenlegung technischer Dienste, Werkstätten und Verwaltung
- Überlegungen zu GmbH- und Stiftungsmodellen
- Gemeinsame Werkstätten im Fokus
- Unsicherheit unter den Beschäftigten
- Politischer Widerstand gegen Privatisierungspläne
Die Zusammenlegung technischer Dienste, Werkstätten und Verwaltung
Sarah Wedl-Wilson wandte sich dazu per E-Mail an die Leitungen aller betroffenen Einrichtungen sowie an jene des Berliner Ensembles und der Schaubühne, die bereits als GmbH organisiert sind.
Überlegungen zu GmbH- und Stiftungsmodellen
Derzeit prüft der Berliner Senat die Möglichkeit, alle vier Schauspielhäuser sowie das Konzerthaus aus dem Landesbetrieb zu lösen. Dies könnte entweder durch eine Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH oder in eine Stiftung erfolgen. Vorbild ist dabei das bereits existierende Modell der Schaubühne und des Berliner Ensembles. Beide arbeiten erfolgreich in einer solchen Rechtsform.
Die Zielsetzung - größere Flexibilität in der Organisation und eine mögliche Entlastung des Landeshaushalts. Eine Bestätigung der Pläne liegt bislang nicht vor. Die Senatskulturverwaltung erklärte lediglich, dass sich die Überlegungen noch im Rahmen eines laufenden Kulturdialogs befinden.
Gemeinsame Werkstätten im Fokus
Ein weiterer Bestandteil der Pläne betrifft die technische Infrastruktur. Es wird geprüft, ob Werkstätten, Lager und Logistik zentralisiert werden können. Dazu zählt etwa ein Zusammenschluss der Theaterwerkstätten unter dem Dach des bestehenden „Bühnenservice“ der Stiftung „Oper in Berlin“.
Schon jetzt lassen das Deutsche Theater und das Theater an der Parkaue dort Kulissen und Kostüme anfertigen. Künftig könnten auch die Volksbühne und das Maxim-Gorki-Theater ihre Werkstätten verlieren. Ebenso wird über eine gemeinsame Verwaltung nachgedacht, was die Eigenständigkeit der Häuser weiter verringern könnte.
Unsicherheit unter den Beschäftigten
Rund 1.100 Mitarbeitende arbeiten aktuell an den fünf landeseigenen Berliner Bühnen unter dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes der Länder. Viele von ihnen sehen ihre Arbeitsplätze in Gefahr. Bedenken gibt es vor allem hinsichtlich möglicher tariflicher Veränderungen.
Eine Beschäftigte äußerte anonym gegenüber dem rbb, dass sie befürchte, künftig nicht mehr unter den Schutz des Tarifvertrags zu fallen. Auch die Gewerkschaft Verdi kritisiert die mangelnde Kommunikation. Bezirksleiterin Andrea Kühnemann warnt vor möglichen betriebsbedingten Kündigungen.
Laut dem Arbeitsrechtsanwalt Sebastian Baunack wäre bei einem Übergang der Betriebe in andere Rechtsformen eine gesetzliche Regelung notwendig. Alternativ könnte ein spezieller Überleitungstarifvertrag mit Verdi abgeschlossen werden.
Politischer Widerstand gegen Privatisierungspläne
Einige politische Akteure äußern scharfe Kritik an den Privatisierungsüberlegungen. Daniel Wesener, kulturpolitischer Sprecher der Grünen, stellt infrage, dass die Umwandlung zu mehr Effizienz führt. Auch Manuela Schmidt von der Partei Die Linke sieht in den Plänen einen Bruch mit der bisherigen Kulturpolitik der Teilhabe.
Sie verweist auf das Beispiel des Schillertheaters, das 1993 geschlossen wurde. Viele Mitarbeitende wollten damals nicht in die freie Szene wechseln – einige arbeiten bis heute an anderen landeseigenen Häusern.
Der Richtungswechsel der neuen schwarz-roten Koalition stellt einen deutlichen Bruch mit der Linie des früheren Kultursenators Klaus Lederer dar. Unter seiner Leitung war noch eine Rückführung des Berliner Ensembles in die Landesverantwortung geplant.
In der kommenden Woche ist ein weiterer Gesprächstermin zwischen den Theaterleitungen und dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) angesetzt. Dabei soll über konkrete nächste Schritte entschieden werden. Die Verhandlungen bleiben offen – die Verunsicherung hinter den Kulissen wächst.
Quelle: RBB24