Filmkultur
Filmkultur, Foto: pixabay

Nach mehr als sieben Jahrzehnten stellt die Filmbewertungsstelle in Wiesbaden ihren Betrieb ein. Die Institution, die seit 1951 Filme mit den Prädikaten „wertvoll“ oder „besonders wertvoll“ bewertete, wird Ende 2025 abgeschafft. Die Gründe liegen sowohl im finanziellen Bereich als auch in der veränderten Medienlandschaft. Rund 26.000 Filme wurden geprüft, über 8.000 davon ausgezeichnet. Doch das Modell gilt als überholt. Heute prägen Online-Bewertungen und soziale Medien das Konsumverhalten der Kinobesucher.

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Kritik an „Rambo III“ und Der Kandidat erschüttert Vertrauen

Besonders kontrovers war die Bewertung des Films „Rambo III“ Ende der 1980er-Jahre mit dem Prädikat „wertvoll“. Der damalige nordrhein-westfälische Kultusminister forderte den Verleih auf, das Prädikat zurückzugeben. Auch die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen sprach sich gegen die Auszeichnung aus. Ein weiteres Beispiel war der Film „Der Kandidat“ aus dem Jahr 1980, der das Prädikat „besonders wertvoll“ erhielt. Als Reaktion darauf trat der Freistaat Bayern aus der Institution aus und forderte eine Änderung der Statuten.

Auch Wolfgang Petersens Film „Die Konsequenz“, der eine homosexuelle Liebesgeschichte thematisierte, wurde in Bayern vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk boykottiert. Diese politischen Reaktionen zeigten die Spannungen, die zwischen Bewertungsgremien und Landesregierungen bestanden. Dennoch blieb die FBW ihrer Linie treu, Filme unabhängig von Genre oder Budget zu bewerten – solange sie innerhalb ihrer Kategorie herausragten.

Hohe Kosten und sinkender Einfluss führen zum Aus

Ein wichtiger Auslöser für das Ende der FBW war die fehlende Wirtschaftlichkeit. Seit über 20 Jahren decken die Einnahmen aus den Einreichungsgebühren nicht mehr die laufenden Kosten. Ein zweistündiger Film kostete den Verleih etwa 2.500 Euro für die Prüfung. Das Land Hessen musste jährlich mehrere Zehntausend Euro zuschießen. Der Rückgang der Einreichungen hängt mit der sinkenden Relevanz der Prädikate zusammen.

Die Jury bestand zuletzt aus fünf wechselnden Fachleuten, darunter Filmwissenschaftler, Festivalleiter und Autoren. Entscheidend war nicht der Produktionsaufwand, sondern ob ein Film innerhalb seines Genres überzeugte. Diese Subjektivität wurde zunehmend kritisiert. Gleichzeitig erkannten viele Verleiher, dass Streamingdienste, Online-Rezensionen und Algorithmen mittlerweile größeren Einfluss auf das Publikum ausüben.

Keine Prämien mehr für Prädikate im neuen Filmförderungsgesetz

Mit dem neuen Filmförderungsgesetz entfällt künftig jede finanzielle Belohnung für Filme mit Prädikat. Das war ein entscheidender Schlag für die Institution. Die Abschaffung markiert das Ende eines Modells, das auf staatlicher Förderung von Filmkultur beruhte. In einer Ära, in der Millionen Meinungen im Netz verfügbar sind, ist die zentrale Bewertung durch ein Fachgremium in den Hintergrund getreten.

Gleichzeitig äußern sich prominente Filmschaffende wie Volker Schlöndorff kritisch zum Aus. Er betont, dass gerade heute der anspruchsvolle Film kaum noch Chancen habe und die FBW nötiger sei denn je. Trotz aller Kritik bleibt die Filmbewertungsstelle ein Symbol für einen gesamtgesellschaftlichen Versuch, Qualität zu definieren und zu fördern.

Das Ende eines Modells für Qualitätsbewertung

Mit der Schließung der FBW verschwindet ein Stück Filmgeschichte. Die Institution hatte den Anspruch, Filmen Anerkennung zu verleihen, die durch künstlerische oder gesellschaftliche Qualität überzeugten. Heute bestimmen Klickzahlen und Algorithmen die Sichtbarkeit. Ob dadurch die Filmkultur gewinnt, bleibt offen. Doch klar ist: Die Zeit einer zentralen, staatlich unterstützten Qualitätsinstanz für Kino ist vorbei.

 Quelle: WELT